Gesundheitspolitik
Drohende Strangulierung der ambulanten Medizin in der
Arztpraxis
Pläne für das Gesundheitsreformgesetz 2000 lassen
massive Eingriffe befürchten
Von
Dr. med. Michael P. Jaumann
Einleitung
Die seit einigen Wochen von den Koalitionsfraktionen
vorgelegten Eckpunkte zur Gesundheitsreform 2000 bereiten
offensichtlich auch den für die Gesundheitspolitik
Verantwortlichen in der Koalition und im Bundesministerium für
Gesundheit (BMG) Probleme. Diverse Papiere aus dem BMG und
Äußerungen in der Öffentlichkeit (Ministerin A. Fischer,
Staatssekretär E. Jordan) lassen befürchten, daß unter dem Dach
eines Globalbudgets die Interessen des Krankenhauses, gestützt
durch öffentliche Arbeitgeber, Gewerkschaften, Regional- und
Landespolitiker wesentlich stärker gewichtet werden, als die
Interessen der 110.000 freiberuflichen mittelständischen
Kleinunternehmer "Arztpraxis" mit ihren 440.000 Mitarbeitern.
Es
muß aufgrund der bisher bekannt gewordenen Textentwürfe zum
Gesundheits-Reform-Gesetz 2000 befürchtet werden, daß zunehmend
mehr Geldmittel in den stationären Bereich fließen (Abb. 1),
obwohl in den letzten Jahren vermehrt Leistungen aus dem
stationären in den ambulanten Bereich verlagert wurden. Dies
wird zu einer Auszehrung und Strangulierung der ambulanten
ärztlichen Versorgung und zum Konkurs mancher Praxis führen –
eine Entwicklung, die den Vorstellungen mancher Krankenkasse
entgegenkommt! Nach Meinung von Herrn Hermann Rebscher,
Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Angestellten- und
Arbeiter-Ersatzkassen (VdAK/AEV), haben wir 30% zuviel
Arztpraxen in Deutschland.
Positivliste gefährdet
Arbeitsplätze in der Pharmaindustrie
Die geplante Positivliste für Arzneimittel war Thema eines
Gesprächs im BMG mit Vertretern der Chemiegewerkschaft und
Betriebsräten aus der Pharmaindustrie. Das Vorstandsmitglied der
IG Bergbau, Chemie und Energie, Fritz Kollorz, zuständig für die
Gesundheitspolitik seiner Gewerkschaft, war mit den anderen
Beteiligten einig, daß eine solche Positivlistenicht
erforderlich sei. Sie bedeute eine unnötige Reglementierung
der Arzneimittelversorgung, und sei zudem ein großes Risiko für
die 130.000 Arbeitsplätze in der Pharmaindustrie. Herr
Staatssekretär Erwin Jordan (BMG) zerstreute die Sorgen, indem
er erklärte, daß die Positivliste nicht schon zum Januar 2000
komme, sondern zu einem späteren Zeitpunkt.
Positivliste zur Entlastung
Von Ärzten und Krankenkassen nötig
Die Positivliste wäre von besonderer Wichtigkeit, um die
Krankenkassen finanziell zu entlasten und um die tagtäglich
stattfindenden Rationierungsdiskussionen in den Sprechzimmern
von Ärztinnen und Ärzten zu beenden.
Nachdenklich machen die juristischen Schritte seitens der
Pharma-Industrie gegen die Festbetragsregelungen und die
Arzneimittelrichtlinien, auch wenn diese Schritte verstehbar
sind. Nicht verstehbar aber sind die Gerichtsentscheide mit den
auf europarechtlichen und kartellrechtlichen Einwendungen
basierenden Verboten. Solche Gerichtsentscheide drohen das
sozialrechtliche System mit einer Steuerung der
vertragsärztlichen Versorgung durch Selbstverwaltung von Ärzten
und Krankenkassen ad absurdum zu führen. Diese Entscheide sind
eine Katastrophe für die vielfachen Bemühungen um
Beitragssatzstabilität und Senkung der Lohnnebenkosten.
Solidaritätsstärkungsgesetz deklassiert
Mitarbeiter in Praxen niedergelassener Ärzte u.a.
Bei
den Verhandlungen und Vereinbarungen zu den stationären
Pflegesätzen bzw. Krankenhausbudgets sind die tarifvertraglichen
Veränderungen (Lohnsteigerung etc.) zu mindestens 50% zu
berücksichtigen. Dies bedeutet im Klartext: bei Tariferhöhungen
für die Mitarbeiter in Krankenhäusern muß auch das Budget für
die Krankenhäuser erhöht werden. Als Begründung wird angegeben,
daß künftig mit größeren Veränderungen auch der Tarifstruktur zu
rechnen sei. Hier stellt sich die Frage, warum tarifvertragliche
Veränderungen bzw. Lohnerhöhungen nur bei den
Budgetverhandlungen für Krankenhäuser berücksichtigt werden und
nicht auch bei den Budgets der niedergelassenen Ärztinnen und
Ärzten, denn Tariferhöhungen wird es hier wie dort geben. So
werden die 440.000 Angestellten bei Ärzten und die anderen
Mitarbeiter der freien Berufe im Gesundheitswesen
(Physiotherapeuten, Hebammen, Logopädinnen etc.) zu Angestellten
zweiter Klasse degradiert. Sollte hier nicht gleichgezogen
werden, ist zu erwarten, daß die Zahl der Entlassungen in den
Praxen weiter zunimmt.
Wie
aus den oben angeführten Punkten unschwer erkennbar ist, steht
die ambulante ärztliche Versorgung und die Versorgung der
Heilmittelerbringer durch diese anstehende Umstrukturierung
unter erheblichem finanziellen Druck. Steigende Lohnkosten
werden also im ambulanten Bereich einen überproportionalen
Kostendruck auf die Freiberufler ausüben.
Budgets:
Zusätzliche Verantwortung überfordert
Krankenkassen
Bei der Sitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
"Gesundheitsreformgesetz" am 23. und 24. März 1999 standen das
Globalbudget, die Krankenhausversorgung und die Verzahnung
ambulant/stationär zur Diskussion. Hierbei wurde deutlich, daß
die Umsetzung der zwischen den Regierungsparteien vereinbarten
Eckpunkte zur Gesundheitsreform 2000 schwierig ist. So ergeben
sich – wie in einem Thesen-/Problempapier aus dem BMG vom
11.März 1999 dargelegt wird – insbesondere aus der Zuweisung der
alleinigen Budgetverantwortung an die Landesverbände der
Primärkassen und die Verbände der Ersatzkassen Probleme (z.B.
Probleme mit mangelhaftem internen controlling bei den
Krankenkassen, Probleme mit den Dateien der Versicherten und dem
Risikostrukturausgleich). Weiterhin wird festgestellt, daß den
gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) eine bisher in dieser
Weise nicht im Sozialgesetzbuch (SGB V) vorhandene Verantwortung
für die Steuerung der Gesamtausgaben im Gesundheitswesen
zugewiesen werde. Ergänzend wurde auch darauf hingewiesen, daß
sich Abstimmungsschwierigkeiten aus den unterschiedlichen
Zuständigkeiten für die einzelnen Budgetbereiche ergeben werden:
-
Bei der Sollvorgabe für die integrierte Versorgung handeln
die Krankenkassen
gemeinsam und einheitlich.
-
Bei der Gesamtvergütung für ambulant erbrachte Leistungen
handeln die Landesverbände getrennt voneinander.
-
Bei der Gesamtvergütung für stationär erbrachte handeln die
Landesverbände gemeinsam und einheitlich.
Monopol Krankenkassen
Das
Monopol der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) hat alle
Forderungen der letzten Jahre erfolgreich umgesetzt. Diese
einmalige Machtposition der GKV (Tab. 1) wird durch das
Gesundheits-Reform-Gesetz 2000 ermöglicht. Hier soll ein
erstaunlicher, tiefgreifender Wechsel vollzogen werden: weg vom
solidarisch finanzierten Gesundheitssystem, weg von der weltweit
hervorragenden ambulanten Versorgung der Bevölkerung (mit freiem
Zugang für jeden zu jeder Zeit) hin zu profit- und
kapitalorientierter Marktbeherrschung mit Risikoselektion und
Verlust der patientennahen Versorgung gemäß den Bedürfnissen der
Versicherten.
Die
soziale Marktwirtschaft kann und darf kein Freibrief für eine
rücksichtslose Entfaltung des Marktes sein, auch wenn heute zu
sehr auf eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals
(Share-Holder-Value) gesetzt wird – so der Unternehmer Heinz
Dürr vor wenigen Wochen. Diese Äußerung gilt in besonderem Maße
auch für die Krankenkassen und das solidarisch finanzierte
Gesundheitssystem in Deutschland. Ob dies die "Macher" bei den
Krankenkassen und im Gesundheitsministerium zum Nachdenken
anregen wird?
Das Globalbudget
- ein
trojanisches Pferd -
Das
Globalbudget beinhaltet bisher die ambulante ärztliche
Vergütung, die Arznei- und Heilmittel, sowie die Gelder für die
stationäre Behandlung. Die Geldbeträge für diese Bereiche sind
seit fast 10 Jahren festgeschrieben und entsprechen dem jetzt
neu eingeführten Begriff "Globalbudget". Das Ausgangsvolumen des
Globalbudgets wird laut Gesetz als die Summe der tatsächlichen
Ausgaben für die ambulante und stationäre Krankenversorgung auf
der Basis des Jahres 1998 fortgeschrieben und steigt um den
Prozentsatz der Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen
der GKV. Als Probleme ergeben sich bei diesem Verfahren
voraussichtlich:
1. Die historisch gewachsenen Ausgaben der Kassenarten (z.B.
höhere Ausgaben
der Ersatzkassen) gehen in das Ausgangsvolumen ein. ( Werden
somit
langfristig festgeschrieben!)
2. Bisherige Rationalisierungserfolge werden nicht
berücksichtigt. (Problem im
Rahmen der Konkurrenzsituation der Kassen).
3.
Überschreitungen der Ausgaben in Leistungen, die durch
politische
Vorgaben (z.B. Wahlversprechen, neue Gesetzesinhalte) oberhalb
der
Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen liegen können
(z.B. im
Krankenhaus), werden nicht berücksichtigt (Problem ist, daß zwar
mit strenger
Begrenzung gedroht wird, beim Krankenhaus eine teilweise
Erstattung von
Leistungen oberhalb der Budgetgrenzen angedacht wird).
4.
Das Globalbudget ist um die übrigen Ausgaben (Hilfsmittel,
Kuren,
sonstige Leistungsbereiche, Fahrkosten, Geldleistungen,
Verwaltungskosten) zu
erweitern, da erfahrungsgemäß die nichtbudgetierten Bereiche
besondere
Anreize zur Leistungssteigerung bieten (so betragen die Ausgaben
für obige
Bereiche annähernd 20 v.H. der Gesamtausgaben der GKV!). Dies
erfordere besondere vertragsrechtliche Handlungsspielräume und
Vorgaben für
die Budgetverantwortlichen (Problem ist hier, daß plötzlich z.B.
Verwaltungs-
kosten mit den bisherigen ambulanten und stationären
Behandlungskosten in
einen Topf geworfen werden!).
5.
Die Veränderungsrate des Globalbudgets wird jährlich vom BMG auf
der Basis
von Berechnungen des MDK festgestellt und bis zum 15.September
bekannt
gegeben. Es wird kein Abgleich zwischen der
bekanntgegebenen und der
tatsächlichen Veränderungsrate in der Budgetperiode vorgenommen!
(Problem ist
damit, daß wenn die Lohnentwicklung tatsächlich höher liegen
sollte, wie die
festgestellte Rate, weniger Geld ins Globalbudget einfließt).
6.
Die Verbände sorgen durch Verhandlungen dafür, daß die
Gesamtvergütungen in
der ambulanten und stationären Versorgung um die Vergütung der
Versorgungsleistungen im Rahmen der integrierten Versorgung
bereinigt werden.
Dies bedeutet, daß die Finanzmittel, welche von den Kassen im
Rahmen von
Einkaufsmodellen und für die integrierte Versorgung (z.B.
Praxis-Netze)
ausgegeben werden, von der jeweiligen Gesamtvergütung abgezogen
werden
(Dies nennt man "Bereinigen"). In letzter Konsequenz wird das
eine Auszehrung
der ärztlichen Alltagsarbeit bedeuten, da immer weniger Geld
hierfür zur
Verfügung stehen wird.
Der
Gedanke des Globalbudgets mit den "frei fließenden Geldströmen"
nach dem Grundsatz "das Geld folgt der Leistung" wird
schon im Ansatz konterkariert, wenn neue Leistungsbereiche
(insbesondere solche mit großer Steigerungsdynamik :
Physiotherapie, Verwaltungskosten) (Tab. 2) in diese
Globalbudgets hineingepreßt werden sollen. Dies könnte im
schlimmsten Fall bedeuten, daß die überproportional
steigenden Verwaltungskosten der GKV ein Minus an Geld im
ambulanten Sektor zur Folge haben. Was werden Versicherte und
Patienten hierzu sagen?
Krankenhausversorgung
Budgets mit Schlupflöchern
Verfassungsgemäß ist bisher die Krankenhausplanung eine
Angelegenheit der Länder. Sie kann daher nicht Gegenstand des
Gesetzgebungsvorhabens sein. Im SGB V wird allerdings die
Leistungspflicht der Kassen über die Bindung an die
Krankenhausplanung der Länder geregelt. Es sollen die
Krankenkassen die gesamte finanzielle Verantwortung übernehmen
und an der Krankenhausplanung teilhaben. So hat Staatssekretär
Jordan dieser Tage versichert, daß die Krankenhäuser in Zukunft
monistisch finanziert werden, auch wenn die Verfassungsfrage
schwierig sei. Die praktische Umsetzung der Monistik, bei der
man die bisherigen Fördermittel der Länder in die Pflegesätze
einbauen müsse, sei nicht einfach.
Diesem Beharren auf Einführung der monistischen
Krankenhausfinanzierung seitens dem Bundesgesundheitsministerium
steht die Meinung des neuen Vorsitzenden des
Sachverständigenrates für die konzertierte Aktion im
Gesundheitswesen, Prof. Friedrich-Wilhelm Schwarz (Hannover,
Gutachter für Bündnis 90/Die Grünen) entgegen: "kein Staat der
OECD hat eine monistische Finanzierung seiner Kliniken
verwirklicht – das hat mich schon nachdenklich gemacht". Er
erwarte davon jedenfalls keinen wesentlichen Beitrag zur
Einsparung von Kosten (Veranstaltung der BKK Niedersachsen,
April 99).
Geplant wird unter anderem, daß die Krankenkassen auf
Landesebene ein Gesamtbudget vereinbaren und die auf das Land
bezogenen Bundesvorgaben in den Verhandlungen mit den einzelnen
Krankenhäusern umsetzen. Es soll auch der Rechtsanspruch auf
einen Mehr-/Mindererlösausgleich entfallen. Die Ausnahme –
Tatbestände zur Beitragssatzstabilität der
Bundespflegesatzverordnung (z.B. Veränderung der medizinischen
Leistungsstruktur, zusätzliche Kapazitäten, Tariferhöhungen),
sollen ebenfalls entfallen. Bei Mengensteigerungen erfolgt eine
nachträgliche Prüfung der medizinischen Notwendigkeit der
Krankenhausbehandlung. (Hier muß gefragt werden, warum die
medizinische Notwendigkeit geprüft werden muß, wenn nicht doch
etwas bezahtl werden soll?)
Aus
den Papieren der Bund-Länder-Sitzung und dem Text des
Gesetzentwurfes st unschwer zu entnehmen, daß sowohl der Bund
als auch die Länder entgegen den Absichtserklärungen der
Koalitionäre und des Bundesgesundheitsministeriums die
Krankenhäuser erneut erkennbar bevorzugen und "Schlupflöcher"
für den Fall weiter steigender Kosten vorgesehen werden.
Verzahnung ambulant/stationär
Verknüpfung privatwirtschaftlicher mit gewerkschaftlich
dominierter Organisation
-
Die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die
Spitzenverbände der
Krankenkassen schließen Rahmenvereinbarungen über die
Kriterien für die Verträge zu den integrierenden
Versorgungsformen. Die KVen werden nur in so weit
eingebunden, als ihnen die Integrationsverträge vorgelegt
werden und die KVen diese Verträge auf ihre Vereinbarkeit
mit oben genannten Rahmenvereinbarungen prüfen. Im
Konfliktfall entscheidet das Schiedsamt.
Daraus resultiert, daß bundesweite Vorgaben mit den
Krankenkassen getroffen werden, denen die regionale KV nur
zustimmen kann und diese quasi umsetzen muß. Ein eigenes
Verhandlungsmandat der regionalen KV entfällt.
-
Im
Rahmen der Bedarfsplanung können die Krankenhäuser eine
institutionelle
Ermächtigung zur Teilhabe an der vertragsärztlichen
Versorgung für hochspezialisierte Leistungen (nach den
Kriterien Diagnosen, Fallzahlen und regionaler Bedarf)
erhalten. Es soll geklärt werden, ob die ambulante
Weiterbehandlung im Krankenhaus bei nicht-indizierter
Einweisung praktikabel ist.
Es ist mehr als problematisch, wenn die Institution
Krankenhaus und nicht die dort tätigen Ärzte für die
Behandlung von Erkrankten ermächtigt werden. Es ist mehr als
problematisch, wenn geplant wird, den teuersten Bereich im
Gesundheitswesen, das Krankenhaus, jetzt für ambulante
Behandlungen zu öffnen und man gleichzeitig erwartet, daß
keine Leistungsausweitungen und Kostensteigerungen
stattfinden.
Entlastung der Krankenhäuser
Lösungsvorschläge
Um dramatische Entwicklungen bundesweit bzgl. der
Krankenhausversorgung (Beispiel Berlin) zu verhindern und um
eine Großzahl von Pleiten in den Praxen zu vermeiden, möchte ich
folgende Lösungen vorschlagen:
-
Die regionale Kooperation von kassenärztlichen
Vereinigungen und Krankenhäusern ist von allergrößter
Wichtigkeit, um das Überleben beider Bereiche zu sichern.
Die Kooperation von Hausärzten und Gebietsärzten muß
verbessert werden. Auch die angestellten Ärzte sind durch
den stetigen Zeit- und Kostendruck gestresst, viel Arbeit
muß in unbezahlten Überstunden erbracht werden.
-
Zur Entlastung der Krankenhäuser von Bagatellfällen solllten
die kassen-
ärztlichen Vereinigungen z.B. Notfallpraxen in den
Ambulanzen der Kranken-
häuser einrichten. Dort würden dann niedergelassene
Kolleginnen und Kollegen über die Notwendigkeit einer
stationären Aufnahme entscheiden.
-
Die kassenärztlichen Vereinigungen und die regionalen
Krankenhäuser sollten sich bzgl. dem Katalog der jeweils
zu erbringenden Leistungen (ambulante oder stationäre
Operationen) abstimmen und Vereinbarungen hier zu treffen.
Die Partner im Gesundheitswesen müssen sich ihrer
Kompetenz und Verantwortung bewußt werden, daß
seitens der Politik keine praxisgerechten Vorschläge
erwartet werden können.
Zusammenfassung
Angesichts der in den Entwürfen zum Gesundheits-Reform-Gesetz
2000 erkennbaren "Lust am Regulieren" müssen sich die
Koalitionsparteien fragen lassen, warum sie sich nicht auf die
Vorgabe von Rahmenbedingungen für die Selbstverwaltungen
beschränken können. Damit könnten die regionalen
Selbstverwaltungen von Krankenkassen und kassenärztlichen
Vereinigungen entsprechende Verträge aushandeln. Damit könnten
auch unterschiedliche regionale Besonderheiten in den
gewachsenen Versorgungsstrukturen berücksichtigt werden. Damit
könnte auf den Aufbau einer alles überwachenden und
kontrollierenden Superbehörde MDK verzichtet werden. Bisher
wurde die Zusammenführung aller Daten eines Patienten und Arztes
von den Datenschützern (Thema "gläserner Patient") abgelehnt.
Eigentlich ist Deutschland ein föderalistisch ausgerichteter
Sozialstaat, in dem die regionalen Selbstverwaltungen einen
hohen Stellenwert – ja fast grundgesetzähnliche Wertigkeit –
haben. Im Gegensatz zu Eigenverantwortlichkeit und
Selbstverwaltung stehen die derzeiten Entwicklungen der
verstärkten Bürokratisierung sozialer Prozesse, der
überbordenden Regulierungen, der Verrechtlichung,
Zentralisierung und Monetarisierung. Diese sind zentrale
gesellschaftliche Probleme. Diese müssen gelöst werden.
Gelingt uns dies nicht, wird dieser "Paradigmen-Wechsel"
in unserem Gesundheitssystem die ambulante ärztliche Versorgung
in freiberuflicher Organisation strangulieren und letztendiglich
zerstören. Ist dies der erste Schritt hin zu einer
fremdbestimmten Medizin, hin zu einer Staatsmedizin?
Dr.
med.Michael P. Jaumann, HNO-Arzt
Marktstr. 25, 73033 Göppingen
Umsatz deutscher Konzerne
____________________________________
BASF 55,78
BMW 60,13
Siemens 106,93
Daimler Benz 124,05
gesetzl. Krankenkassen 250,00
Commerzbank 516,94
Deutsche Bank 1.042,96
____________________________________
in Milliarden DM (1997)
Tab. 1
Ausgabenentwicklung 1998 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum
Prozentuale Veränderung je Mitglied
GKV-West GKV-Ost GKV-Bund
Ärztliche Behandlung 1,7 1,9 1,8
Arzneimittel 5,5 1,9 4,8
Heilmittel 11,9 14,4 12,3
Krankenhausbehandlung 3,2 4,1 3,4
Verwaltungskosten GKV 5,5 4,7 5,4
Quelle: BMG |