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Dr. med.
Michael P. Jaumann Einleitung:
Tagtägliche Realität in den Praxen niedergelassener Ärztinnen und
Ärzte ist, dass ein in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
versicherter Patient mit Gesundheitsproblemen kommt. Der behandelnde
Arzt muss unter den zunehmend eingeschränkten Rahmenbedingungen eines
immer knapper werdenden Budgets, einer eigentlich zwingend zu
beachtenden Vorgabe des Paragraphen 12 im SGB V (Sozialgesetzbuch Nr.
V), eine ausreichende, zweckmäßige, wirtschaftliche und das Maß des
Notwendigen nicht überschreitende Behandlung durchführen, den Patienten
untersuchen, beraten und eine Behandlung empfehlen. Hinzu kommt, dass
die gesetzlichen Krankenkassen seit Jahren nur noch minimale
Steigerungen des Gesamthonorars zulassen, so dass die Bezahlung pro
ärztlicher Leistung ständig weniger wird.
Bei Privatpatienten ist die Situation anders. Privatpatienten können
optimal und nicht "nur ausreichend" behandelt werden. Noch gibt
es keine Budgets.
Diese einfachen Beispiele zeigen das Dilemma in der GKV auf, welches
fachübergreifend eigentlich alle im Gesundheitswesen Tätigen trifft.
Jeder Niedergelassene kennt diese Sorgen zur Genüge. Die ewige
Diskussion über mögliche oder nicht mögliche Verordnung von Heilmitteln
und Medikamenten soll hier stellvertretend für andere Themenbereiche
benannt werden.
Lösungsmöglichkeiten?
Nach Angaben des BMG (Bundesministerium für Gesundheit 2001) sind
von 72,6 Millionen in der GKV versicherten Menschen 4,57 Millionen
freiwillig in der GKV versichert. Diese freiwilligen Mitglieder
haben damit einen Anspruch auf Kostenerstattung nach Paragraph 13 SGB
V. Würde der Patient dieses Recht kennen und nutzen, könnte der Arzt die
Leistungen frei von Budgetzwängen und ohne das Risiko einer
Kostenunterdeckung erbringen. Oftmals aber ist dem Arzt und dem
Patienten diese Möglichkeit nicht bekannt. Die Ärzte scheuen sich über
diese Möglichkeit einer privaten Zusatzversicherung für ambulante
ärztliche Behandlung zu informieren. Sie möchten keinen unredlichen
Eindruck erwecken, in dem sie auf die Grenzen der Leistungen und der
Verordnungen bei Chipkarten-Versicherten hinweisen.
Situation der privaten Krankenversicherungen
Bei einem der größten privaten Krankenversicherungsunternehmen in
Europa waren im Jahr 2001 ca. zwei Millionen Bürger mit einer
Zusatzversicherung versichert. In ganz Deutschland waren insgesamt
7,506 Millionen Menschen privat krankenversichert (Vollversicherung),
die Zahl der Zusatzversicherten belief sich auf 7,5 Millionen. Der
Bestand an GKV-Versicherten, die zusätzlich bei der privaten
Krankenversicherung Wahlleistungen im Krankenhaus versichert haben,
betrug am 1.1.2001 insgesamt 4,395 Millionen versicherte Personen.
Private Zusatzversicherung für Kassenversicherte:
Nach Paragraph 13 im SGB V ist die Kostenerstattung nur für
freiwillig Versicherte möglich. Bei diesem Verfahren rechnen die
gesetzlichen Krankenkassen die eingereichte Rechnung nach der GOAE,
welche der Patient nach Ende der Behandlung erhält, gesetzeskonform und
satzungsgemäß in die entsprechenden EBM-Ziffern mit den jeweiligen
aktuellen Punktwerten um. Nach Abzug einer je nach Kasse
unterschiedlichen Kostenpauschale, wegen der bisher fehlenden
Wirtschaftlichkeitsprüfung und der zu leistenden Mehrarbeit, bekommt der
Patient den Betrag erstattet, den die Praxis im Weg der klassischen
KV-Abrechnung für die Behandlung bekommen hätte. Dieses vom Gesetzgeber
so vorgesehene Verfahren ist deswegen in der hier beschriebenen Art
nicht besonders patientenfreundlich. Bei jeder Privatbehandlung nach der
Kostenerstattung bleibt dem Patienten ein Kostenrisiko, welches sich der
Höhe nach um die Differenz zwischen einer GOAE-Rechnung und einer
EBM-Bewertung bewegt.
In Deutschland bieten 11 Versicherungsunternehmen eine
Zusatzversicherung für ambulante Heilbehandlung an, welche genau für
diese Differenz zwischen GOAE-Abrechnung und EBM-Gegenwert eintreten.
Problematisch ist lediglich der Informationsfluss. Die GKV scheut den
immensen bürokratischen Aufwand, der mit der Kostenerstattung verbunden
ist und informiert ihre freiwillig versicherten Mitglieder nicht über
dieses Recht der Kostenerstattung. Gleichzeitig haben die GKVen aus
politischen Gründen kein Interesse an der Ausweitung dieses Verfahrens.
Private Versicherungsunternehmen hingegen versuchen oft vergeblich die
Aufmerksamkeit potentieller Neukunden zu wecken. Freiwillig Versicherte
reagieren auf das Bombardement mit Werbeschreiben und Werbetelefonaten
in der Regel gereizt und lassen sich nur ungern in Verkaufsgespräche
verwickeln.
Die Situation ist aber anders, wenn der Patient zum Beispiel vom Arzt
auf ein Beratungsangebot über die Möglichkeiten der Kostenerstattung und
solcher privater Zusatztarife hingewiesen wird. Diese Beratungsleistung
bietet beispielsweise die Unternehmensberatung Medical-Part an. Hierbei
wird dem Interessenten zunächst die Funktionsweise der
GKV-Abrechnungsverfahren erklärt. Allein die Kenntnis dieser Vorgänge
reicht meistens aus, den Sinn eines anderen Verfahrens als das der
jetzt gültigen Sachleistung zu erkennen. Über eine Partneragentur wird
dem Kunden dann ein individuelles Angebot für einen Zusatztarif
erarbeitet, der Kostenerstattung nach Paragraph 13 SGB V erst
patientengerecht ermöglicht.
Erfolgsmodell:
Diese Bemühungen haben sehr oft Erfolg und bewirken, dass der Arzt
einen zukünftigen Privatpatienten in seinem Klientel hinzu gewinnt.
Dieser Privatpatient hat als Grundversorgung noch immer die GKV und die
Vorteile und Freiheitsgrade eines Privatpatienten. Der Arzt hat
ebenfalls Vorteile wie oben geschildert.
Dieses Verfahren der Information über die Möglichkeiten der
Kostenerstattung haben zwei mir bekannte Praxen seit etwa zwei Jahren
begonnen. Die Zusammenarbeit funktioniert zur Zufriedenheit aller. Die
Ärzte haben zunehmend Patienten der GKV, die sich zwischenzeitlich
freiwillig zusätzlich privat versichert haben. Das initiale
Beratungsgespräch bereitet keine Probleme: wir fragen den Patienten
lediglich, ob er als freiwillig Versicherter seine gesetzlichen
Sonderrechte kenne und drücken ihm eine Postkarte von Medical-Part in
die Hand: "Hier können Sie sich über Ihre Rechte informieren lassen".
Der Patient verschickt die Karte dann nach Ankreuzen einiger weniger
Punkte.
Fazit:
Hiermit möchte ich alle Kolleginnen und Kollegen nachhaltig auf
dieses elegante Lösungsmodell hinweisen und raten, diesbezüglich aktiv
zu werden. In vielen Regionen Deutschlands reichen die Umsätze mit den
GKV-Versicherten nicht mehr aus, die Praxiskosten zu decken. Wir
Niedergelassenen leben also zunehmend von unseren privatversicherten
Patienten. Nehmen wir dieses Angebot an.
P.S. weitere Informationen können beim HNO-Berufsverband abgerufen
werden.
Dr. M. P. Jaumann
21.4.02 |